250 Meter tief im Berg affinierter Gruyère AOP

Gourmino AG im Berner Oberland affiniert einen Teil der Gruyère AOP-Laibe in Kellern, die bis zu 250 Meter tief im Innern des Berges liegen. Eine schmale Strasse entlang des kleinen Flusses mit dem Namen Kien führt dorthin. Der Ort ist nicht leicht zu finden, denn diese Affinage-Keller befinden sich in ehemaligen Bunkern, die in den 50er Jahren für die Lagerung von Munition gebaut wurden.

13 Okt 2022
Rund um Gruyère AOP

« Das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit mit den Käsern sind entscheidend »

Roland Sahli, Direktor von Gourmino AG

Im Jahr 2015 beschliesst die Armee, die Militärstollen zu verkaufen. Gourmino AG kauft vier Tunnels und baut sie zu Reifungslager mit unterschiedlichen klimatischen Bereichen um. Zwei Jahre später sind die Keller bezugsbereit. Zu Beginn mussten 200 Laibe Emmentaler und 300 Laibe Gruyère AOP eingelagert werden, um die nötige Flora für das Einreiben der Käse zu erhalten. Die Qualität war von Anfang an vorhanden.

Diese unterirdischen Keller ermöglichen eine sehr ökologische Affinage im Einklang mit der Natur. «Der Berg dient uns als Schutz, sowohl in Bezug auf die Temperatur als auch auf die Luftfeuchtigkeit, erklärt Roland Sahli, Direktor von Gourmino AG. Die Schwankungen sind gering und betragen nur wenige Grade. Dennoch ist die Klimatisierung wichtig, sonst würden wir bei der Qualität ein zu grosses Risiko eingehen.»

Das Unternehmen führte verschiedene Tests durch, um die in den Kellern im Berg affinierten Käse-Posten mit denjenigen der Betonkeller von Langnau zu vergleichen. Die Unterschiede sind beim Gruyère AOP minimal. Die Affinage 250 Meter im Berg ist unbestreitbar ein wirtschaftlicher und ökologischer Vorteil.

Gourmino besteht seit 20 Jahren. Ursprünglich wurde die Gesellschaft von fünf Käsern gegründet, die in der Deutschschweiz Emmentaler AOP herstellten. Sie verkauften ihre Käse direkt ab ihrer Käserei. Dann kauften sie einen ersten Keller in Langnau und wandten sich den Exportmärkten zu. Später begannen sie mit der Affinage von Gruyère AOP, der im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung gewann. Heute reifen in den unterirdischen Kellern von Reichenbach 6'400 Laibe Gruyère AOP und in Langnau deren 4'000 Laibe. Gourmino ist somit der kleinste Affineur von Gruyère AOP.

Gourmino verkauft ihre Käse in 25 Ländern, unter anderem in den USA, in Schweden und Deutschland. Die Firma konzentriert sich über Importeure und Verteiler hauptsächlich auf die Fachgeschäfte. Sie setzt vor allem auf Gruyère AOP, der zwischen 12 und 24 Monate affiniert wurde. Grossen Wert wird auf die Auswahl, die viel Erfahrung erfordert, und die Beobachtung der Käse sowie auf den Austausch mit dem Käser gelegt. «Das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit mit den Käsern sind entscheidend, sagt Roland Sahli. Wenn wir die Käse abholen, besprechen wir mit den Käsern die Produktionen der einzelnen Tage. Sie sagen uns, wenn sie Probleme mit bestimmter Milch hatten.»

Roland Sahli war vor 23 Jahren einer der ersten Schweizer Experten, der an internationalen Wettbewerben teilnahm. Er war an den letzten World Championship Cheese Contest in Madison, Wisconsin anwesend, als der Gruyère AOP von Michael Spycher zum besten Käse der Welt gekürt wurde.

Roland Sahli hat effektiv einen sehr feinen Gaumen. Doch während seiner Lehre hatte er einen Unfall mit Säuren. Er konnte Bitteres nicht mehr schmecken. Er musste lernen, sich diesen Geschmacksinn wieder anzueignen, und zwar nicht auf der Zunge wie allgemein üblich, sondern im Gaumen. Er gewann so seine vollständigen Kompetenzen zurück und trainierte viel zur Entwicklung der Fähigkeiten, die für seine Rolle als Experte unerlässlich sind. Das hat er klar erreicht.

«In Madison hatten wir am ersten Tag vier Kategorien mit zwischen 30 und 60 Laiben pro Kategorie, also etwa 100 bis 150 Käse. «Das ist das maximal Mögliche. Wir essen nicht, wir probieren. Bei der Beurteilung starten wir mit 100 Punkten und suchen nach Fehlern. Mein Kollege und ich gehen immer gleichermassen vor: Wir holen die drei Besten hervor und vergleichen sie. Das ist zwar im Reglement nicht vorgesehen, aber wir finden es wichtig, das zu tun. Erstaunlicherweise sind die Ergebnisse immer dieselben.»

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