Eintauchen in die Arbeit der anderen Akteure der Branche zur Förderung der Zusammenarbeit.

Die Sortenorganisation Gruyère (IPG) startete ein Pilotprojekt in der Form von Begegnungen, um das Zugehörigkeitsgefühl zur Branche zu stärken: drei Halbtage, der erste bei einem Affineur, Fromco in Moudon, der zweite bei einem Käser, Didier Germain, Käserei Les Ponts-de-Martel und der dritte bei einem Milchproduzenten in La Sagne, Romane Botteron. Dieses Projekt mit dem Titel “Begegnung mit der Branche» ist Teil der strategischen Studie, die vom September 2019 bis April 2020 vom Beratungsunternehmen Triesse-Gressard durchgeführt wurde.

25 Okt 2023
Rund um Gruyère AOP

« Die Sortenorganisation ist eine Interessengemeinschaft, die sich um dasselbe Produkt kümmert. »

Alexandre Horner, von IPG beauftragter Ausbilder

Diese Premiere fand im Kanton Neuenburg statt. 58 Mitglieder der Branche nahmen an einer der 4 Fortbildungs-Sessionen teil. «Die IPG ist eine Interessengemeinschaft, die sich um dasselbe Produkt kümmert, sagt Alexandre Horner, der das Projekt in die Praxis umsetzte. Die Mitglieder sind nicht nach Berufen, sondern wegen einem gemeinsamen Anliegen, dem Gruyère AOP, zusammengeschlossen. Es ist daher unerlässlich, seine Partner zu kennen, um die im Rahmen der IPG getroffenen Entscheide besser zu verstehen. Heute gehen die Landwirte immer seltener in die Käserei und sie haben keinen besonderen Kontakt zu den Affineuren. Diese Treffen ermöglichten ein gegenseitiges Kennenlernen und ein besseres Verständnis für die Qualitätsanforderungen und die Einschränkungen, die jeder Einzelne einhalten muss.»

Bei diesen Treffen legte Alexandre Horner den Schwerpunkt auf die Rolle und die Leitung der IPG, und insbesondere auf Themen wie Marketing, Markt, Mengensteuerung und Qualität. «Das Ziel dieser Halbtage war es, das Gefühl der Zugehörigkeit zur Branche zu stärken, sich gegenseitig besser zu respektieren, um besser zusammenarbeiten zu können.» Die Herausforderung ist gross, da die Branche heute mehr als 2000 Selbständige und fast 5000 Arbeitsplätze umfasst. Es ist daher wichtig, Begegnungen anzuregen. «Das Gemeinsame zwischen den Akteuren, die die Teilnehmer empfangen haben und diesen selbst, ist die Leidenschaft. Die Leidenschaft des Affineurs, des Käsers und des Milchproduzenten», sagt Alexandre Horner.

Am ersten Halbtag stand der Besuch der Affinage-Keller von Fromco auf dem Programm. Die Teilnehmer schätzten diesen Anlass besonders, da sie sonst ihr Produkt nicht bis hierhin begleiten können. Es war eine der seltenen Gelegenheiten, sich mit einem Profi der Affinage austauschen zu können. Jean-Marc Collomb, ehemaliger Direktor der Fromco, empfing die Teilnehmer. «Für mich ist es wichtig, dass jeder den Beruf des anderen kennt und sich den Herausforderungen und Schwierigkeiten jeder Tätigkeit bewusst ist. Es wird oft gesagt, dass der Affineur nur verkaufen muss. So einfach ist es nicht. Es gibt Risiken, die nur der Affineur trägt. Ich mochte diese Treffen sehr. Wir konnten grundlegende Themen ansprechen.»

Eine Woche später machten sich die Teilnehmer auf den Weg nach Les Ponts-de-Martel, um die Käserei von Didier Germain zu besuchen. «Ich habe den Schwerpunkt auf das Know-how über die Kulturen und die Rolle des Käsers bei der Milchsäuregärung gelegt. Darüber wird eher wenig gesprochen, obwohl es sich eigentlich um den Kern des Produkts handelt. Es war sehr spannend, diese Fachpersonen zu treffen, denn sie waren neugierig, interessiert und beachteten die Äusserungen jedes Einzelnen. Das begeisterte mich. Natürlich habe ich auch die symptomatische Frage aufgegriffen: «Warum ist der Käser verärgert, wenn die Produzenten zu spät die Milch abliefern? Es liegt nicht daran, dass er so schnell wie möglich zum Aperitif gehen will. Aber wenn der Herstellungsprozess bereits in Gang gesetzt wurde und die Käseherstellung begonnen hat, bestimmt sie den Rhythmus.» »

Romane und Meryl Botteron führten 4 Gruppen, zusammengesetzt aus Käsern und Milchproduzenten durch ihren Betrieb. Sie zeigten ihnen das Milchvieh, die Kälber, die technischen Einrichtungen, die Melkanlage, den Stallreiniger. «Wir wollten einen Betrieb vorstellen, der das Grasland optimal nutzt. Wir legten den Schwerpunkt auf die Qualität des Grundfutters, das die Verbindung zum Terroir darstellt und die Basis für die Produktion von hochwertiger Milch zu einem erschwinglichen Preis bildet. Bei uns stammen 90% des Grünfutters, das unser Vieh verbraucht, von unserem Betrieb. Unsere Milchkühe erhalten nur 10% Kraftfutter, um die Ration auszugleichen und zu optimieren. Im letzten Jahr waren wir beinahe autonom und haben die Tiere in einem quasi geschlossenen Kreislauf gefüttert. Dasselbe gilt für die Düngemittel, die fast ausschliesslich aus dem Betrieb stammen, indem wir unsere Hofdünger auf unseren Naturwiesen bestmöglich verwerten. Echte Nachhaltigkeit.»

Eve Chédel und Marlène Guenat, beide Milchproduzentinnen aus Les Bayards für die Käserei Duo-Vallon nahmen an diesen Treffen teil, um die Strukturen besser kennenzulernen, zu denen sie gehören: «Wenn ich am Morgen aufstehe, weiss ich genau, dass ich allein bin und mich um meine Tiere kümmern muss, lacht Eve Chédel. Aber ich bin mir bewusst, dass ich ein Rädchen im Getriebe bin und dass mein Betrieb Teil eines Ganzen ist, das funktionieren muss. Als Vorstandsmitglied der Käsereigenossenschaft kenne ich verschiedene Themen, die während des Jahres auf den Tisch kommen. Dank diesen Zusammenkünften kann ich sie besser einordnen.»

Marlène Guenat, die auch die Sekretärin der Käserei Duo Vallon ist, verfolgt die Aktivitäten der IPG sehr genau. Es war deshalb klar, dass sie sich für diese Fortbildung anmeldete, wie auch ihre Tochter und ihr Sohn, die auf demselben Betrieb arbeiten. «Ich schätzte es sehr, andere Landwirte kennenzulernen und den Arbeitsablauf sowie die Realität des Alltags eines Käsers und eines Affineurs besser zu verstehen. Insbesondere war ich überrascht zu erfahren, dass die Affineure etwa ein Jahr im Voraus wussten, wieviel Käse sie verkaufen würden.»

Tony Blättler, Bio-Milchproduzent aus Les Sagnettes ist seit dem 1. Januar 2023 der junge Präsident der Käsereigenossenschaft. Die Teilnahme an diesen Treffen war für ihn eine Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln und die verschiedenen Herstellungsschritte unseres Hartkäses kennenzulernen. «Ich hätte nicht erwartet, dass so viele Gruyère AOP-Laibe aus so vielen verschiedenen Käsereien in einem einzigen Affinage-Keller lagern, so wie das bei Fromco der Fall ist! Ich konnte das Unternehmen Margot SA einmal privat besuchen und das ermöglicht mir nun einen Vergleich der beiden sehr unterschiedlichen Affinage-Systeme.» Tony Blättler schätzte auch den Austausch zwischen Milchproduzenten und Käser. «In La Brévine sind die Winter streng und es ist kalt. Diese Treffen waren in dieser Jahreszeit eine willkommene Pause. Jede Woche gingen wir für einen halben Tag an einen anderen Ort. Das ermöglichte es mir, von der Arbeit wegzukommen und andere Realitäten zu entdecken.»

Auch für Yann Aeby, Milchproduzent der Käserei La Brévine, sind diese Treffen sehr konstruktiv: «Während der Vegetationsperiode nehmen wir uns wenig Zeit für Gespräche mit den anderen Personen. Diese Halbtage ermöglichten es uns, Berufskollegen zu sehen und uns über die Fortbildung hinaus beim Mittagessen auszutauschen. Die Diskussionen waren sehr gut. Wir fühlten uns wie Gleichgesinnte. Ich konnte auch feststellen, wie nützlich die Branchenorganisation ist. Diese Arbeit wird von einigen, die die Hintergründe nicht kennen, kaum anerkannt.»

Héloïse Aegerter, Milchproduzentin der Käserei La Brévine, hat einen besonderen beruflichen Werdegang und ist erst seit drei Jahren in der Landwirtschaft tätig. «Es war für mich selbstverständlich teilzunehmen, da mir der Gesamtüberblick noch etwas fehlte. Wir besuchten eine sehr schöne Käserei. Die Erläuterungen waren sehr klar. Dadurch lernte ich den gesamten Ablauf kennen, warum ich abliefere, mit wem ich zusammenarbeite, wie die Milch vom flüssigen in den festen Zustand übergeht. Vieles wurde konkreter für mich. Diese Treffen ermöglichten mir auch, mich mit Kollegen auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Jetzt gehöre ich zu dieser Gruppe und fühle mich mit den anderen Akteuren verbunden, wir sind ein Team!»

Diese Erfahrungsberichte sind Resultat der am Ende des Kurses durchgeführten Umfrage. Die positive Bilanz dieses Projekts überzeugte die IPG davon, diesen Ansatz im nächsten Winter auf die Kantone Waadt, Freiburg, Jura und den Berner Jura auszudehnen. Im darauffolgenden Winter wird sie diese Branchentreffen den Satelliten vorschlagen. Es könnte 25 Fortbildungs-Sessionen geben, die mit Gruppen von 20 Personen die Teilnahme von 500 Branchenmitgliedern ermöglichen würde.

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