«Alle Mitglieder der Branche sind potenzielle BotschafterInnen»
Anregend, fordernd, faszinierend – an Adjektiven mangelt es nicht, um Olivier Islers erste Monate an der Spitze der IPG zu beschreiben. Nach drei Monaten im Amt zieht der Direktor Bilanz – zwischen heissen Themen und optimistischen Perspektiven.

«Wir zählen auf die Solidarität der Schweizer Konsumenten, um uns zu unterstützen.»
Olivier Isler, Direktor der IPG
Herr Isler, wie haben Sie diese ersten drei Monate an der Spitze der IPG erlebt?
Der Start war turbulenter als erwartet! Meine Prioritäten wurden durch die US-Zölle vorgegeben. Mit unerwarteten Ereignissen umzugehen, gehört zu meiner Aufgabe. In diesem Tumult hat sich bestätigt, was ich bereits wusste: eine starke Branche, kompetente und motivierte Mitarbeitende, ein Produkt von grossem Renommee: Beste Voraussetzungen, um die Herausforderungen zu meistern. Ich vergleiche die Branche gerne mit einem Rohdiamanten, der geschliffen werden muss, damit er noch mehr strahlt.
Sie waren bis 2021 in der Branche aktiv. Hat sie sich seither stark verändert?
Sie ist klar zukunftsgewandt und bleibt doch ihren Grundlagen treu. Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Beratungsbüro Soliance wurden Empfehlungen in verschiedenen Bereichen erarbeitet – etwa bei der Nachhaltigkeit oder der Verteilung der Wertschöpfung. Die Umsetzung verlangt einen Kraftakt, sowohl von den Milizorganen wie auch von der Verwaltung. Wir werden Prioritäten setzen und dort verdichten müssen, wo es möglich ist.
Woran arbeiten Sie im Moment konkret?
Am wichtigsten sind die Zölle, die nun die amerikanischen Konsumentinnen und Konsumenten treffen – die grössten Importeure von Gruyère AOP. Beim Tête de Moine habe ich andere Krisen erlebt: Jedes Problem muss in seinem Kontext spezifisch analysiert werden. Mein Ziel ist es – zusammen mit den Organen der IPG – die negativen Folgen mit gezielten Lösungen einzudämmen. Ich bleibe zuversichtlich: Die Qualität des Gruyère AOP ist seine beste Lebensversicherung.
Und wie sieht die Strategie der IPG aus?
Auf dem US-Markt nutzen wir klassische Werbemittel zur Verkaufsförderung, um unsere treuen Grosshändler zu unterstützen. Durch die neuen Rahmenbedingungen wird der Gruyère AOP in gewissen Vertriebskanälen vom Premium- zum Luxusprodukt. Die im August 2025 beschlossene Produktionssenkung um 5 % soll helfen, den Rückgang der Verkäufe abzufedern. Gleichzeitig wollen wir unsere Präsenz in der Schweiz stärken, insbesondere in der Deutschschweiz, wo wir noch Entwicklungspotenzial haben. Wir werden die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten auffordern, uns zu unterstützen!
Welche Botschaften werden Sie ihnen mitgeben?
Es besteht noch viel Potenzial, noch deutlicher zu zeigen, wofür der Gruyère AOP steht. Wer sich bewusst für Gruyère AOP entscheidet, stärkt nicht nur ein traditionsreiches Handwerk, sondern trägt auch dazu bei, dass alle Beteiligten fair entlohnt werden und eine nachhaltige Produktion gefördert wird. Das sollte viel öfter betont werden.
Haben Sie neue Märkte im Visier?
Das ist eine ständige Frage. Die internationale Instabilität bewegt uns dazu, die nahen Märkte zu bevorzugen, wegen ihrer Stabilität, ihrer Kaufkraft, ihrer Käsekultur und ihrer Sensibilität für Qualität und Rückverfolgbarkeit. In weiter entfernten Märkten fehlen diese Voraussetzungen oft, dort kennt man die Grundlagen der geschützten geografischen Angaben meist nicht.
Wäre eine Unterstützung durch den Bund denkbar?
In der Landwirtschaft gibt es keinen Anspruch auf Arbeitszeitverkürzung und in der Käserei ist das ebenso undenkbar. Hingegen wären Absatzförderungsmassnahmen im Ausland über Switzerland Cheese Marketing sehr hilfreich. Solange die Bedingungen nicht mindestens gleich sind wie jene der Europäischen Union (15 %), wäre ein sektorieller Ansatz zur Aushandlung von Vorzugsbedingungen gerechtfertigt, ähnlich wie es die EU für Wein und Spirituosen versucht. Immerhin sollen die US-Zölle ja die wirtschaftliche Tätigkeit zurück in die USA holen – doch Gruyère AOP wird niemals auf amerikanischem Boden hergestellt werden können.
Was können die Mitglieder der Branche in der aktuellen Situation tun?
Jedes Mitglied ist ein potenzieller Botschafter. Gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten ist niemand glaubwürdiger als die Milchproduzentinnen und -produzenten oder die Käser. Das Produkt im Schaufenster hervorheben oder unsere Inhalte online teilen, stärkt die Bekanntheit von Gruyère AOP zusätzlich. Indem wir unsere Kräfte bündeln, setzen wir eine positive Energie frei.